Leseproben
Den Schatz bewahren
Plädoyer für die gentechnikfreie Landwirtschaft
Von Angela von Beesten
Die Idee für ein kleines Kompendium für Nichtspezialisten der Gentechnik entstand in vielen Gesprächen mit Menschen, denen es wichtig ist, sich trotz Einführung der Agrogentechnik gentechnikfrei ernähren zu können. Dazu gehören auch etliche Landwirte und Imker, die Wert auf die Erhaltung der gentechnikfreien Lebensmittelproduktion legen und dabei Unterstützung benötigen. Sie alle begreifen gentechnikfreies Saatgut als Schatz, den es zu bewahren gilt und möchten die umweltverträgliche Landwirtschaft praktizieren und fördern. Viele Menschen fühlen sich dabei entmutigt durch den Eindruck, dass ihre Wertvorstellungen im gesellschaftlichen Zusammenhang nicht mehr ernst genommen werden und sie der Entwicklung wehrlos ausgeliefert sind.
Die vorliegende Schrift ist nicht von Wissenschaftlern für Wissenschaftler geschrieben. Sie will vielmehr mit allgemein verständlichen Worten einen Einblick in die Vielfältigkeit der Gentechnikanwendung geben und die damit verbundenen Hoffnungen, Interessen und Probleme skizzieren, ohne Anspruch auf Vollständigkeit in die eine oder die andere Richtung. Sie will die Diskussion über Risiken und Grenzen, Wünschbarkeit und Verantwortbarkeit dieser neuen Technologie anregen und dabei die LeserInnen dazu ermutigen, das eigene Unbehagen ernst zu nehmen und der eigenen Urteilsfähigkeit zu vertrauen. Sie ist sowohl für Menschen gedacht, die sich informieren wollen als auch für diejenigen, die Anregungen suchen, um aktiv zur Erhaltung der gentechnikfreien Landwirtschaft und Förderung der Ernährungskultur beizutragen, weil sie den Reichtum und die Vielfalt der uns nährenden Natur begrüßen und sie erhalten wollen. Hoffnung ist, dass daraus der Mut zum Handeln erwächst.
Schlussbetrachtung
Von Angela von Beesten und Heribert Wefers
Gentechnik ist eine neue Technologie, die erst seit etwa 20 Jahren entwickelt wird. Sie unterscheidet sich von herkömmlicher Züchtung durch die Anwendung technischer Verfahren, die es ermöglichen, Gene zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen auszutauschen, um neue Organismen mit Eigenschaften hervorzubringen, die in der Natur bisher nicht vorkommen. Die Erforschung der genetischen und molekularbiologischen Zusammenhänge hat zwar im letzten Jahrhundert und insbesondere in den letzten dreißig Jahren zu einem ungeheuren Wissenszuwachs geführt. Dennoch sind wesentliche Teile des Zusammenwirkens der Mechanismen in Genom und Organismus nicht geklärt. Wechselwirkungen und Folgen der genetischen Veränderung unserer Lebenswelt sind nicht erforscht, ethische Bedenken nicht ausgeräumt. In der Frage der Gentechnikanwendung stehen sich unterschiedlichste Lebens- und Weltanschauungen oftmals unvereinbar gegenüber.
Die folgende Darstellung gibt einen Einblick in die verschiedenen Forschungs- und Einsatzbereiche der Gentechnik, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Vier Gebiete der Gentechnik werden unterschieden, deren Anwendungsbereiche sich zum Teil erheblich überschneiden. Die Begriffe "Weiße", "Graue", "Rote" und "Grüne" Gentechnik sind keine fest definierten Bezeichnungen, sie sind allerdings im allgemeinen Sprachgebrauch verbreitet.
Sie gilt als interdisziplinäre Querschnittstechnologie für die Produktion von Arzneimittelvorstufen, Feinchemikalien, Vitaminen, Textilien, Papier und Futtermittelzusätzen und wird auch als "Weiße Biotechnologie" bezeichnet......
Mithilfe der sogenannten Grauen Gentechnik sollen Umweltbelastungen von Gewässern, des Bodens und der Luft beseitigt und die Altlastensanierung erleichtert werden. Mikroorganismen werden seit langem im Umweltschutz eingesetzt. Gentechnisch veränderte (gv) Bakterien sollen Schadstoffe schneller als natürliche Bakterien abbauen, dazu einige Beispiele:.....
In der Humanmedizin wird Gentechnik zur Entwicklung und Anwendung diagnostischer und therapeutischer Verfahren und in der Pharmakologie bei der Medikamentenherstellung verwendet. In der Grundlagenforschung sind gentechnische Methoden inzwischen unverzichtbar......
Gentechnisch veränderte Nutztiere
* Landwirtschaftliche Nutztiere haben die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit auch ohne Gentechnik bereits erreicht. Wissenschaft und Industrie versuchen nun mit Hilfe der Gentechnik, ihre Produktivität noch weiter in die Höhe zu treiben. Ein Ziel ist, Tiere den Bedingungen der Massentierhaltung anzupassen, z.B. indem Hühnern gentechnisch ihr Scharrtrieb entfernt wird. Schnellstmögliche Größe und hohes Schlachtgewicht sollen bei minimalem Futter erreicht, Fleisch und Milch im Hinblick auf Produkte fettarm erzeugt werden. Tiere werden nach Industrie- und Verbraucherwünschen designt. So sollen u.a. Spinatgene in Schweine eingebaut werden, um das Fleisch schmackhafter zu machen. Gentechnische Veränderung von Tieren erweist sich allerdings als überaus schwierig. Da das veränderte Genkonstrukt meistens nicht vererbt wird, gibt es bis heute keine marktreifen transgenen Nutztiere.
Gentechnisch veränderte Pflanzen
Die Eigenschaften, die das Ziel gentechnischer Veränderungen sind, lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen, die sich erstens auf Eigenschaften hinsichtlich Anbau und Ertrag beziehen und zweitens auf die Pflanzeninhaltsstoffe......
Eigenschaften, die Anbau und Ertrag betreffen:
* Herbizidresistenz: Die Pflanze wird durch gentechnisch eingefügte Resistenzgene unempfindlich gegen ein Totalherbizid, ein nicht-selektives Herbizid, das also gegen alle Pflanzen wirkt. Nur die durch gentechnische Verfahren resistent gewordene Pflanze übersteht nun die Anwendung des Totalherbizids, die alle anderen Pflanzen auf dem Acker absterben lässt. Ziel ist es, den Herbizideinsatz in der Landwirtschaft zu vereinfachen und zu verringern. Mit verschiedenen Wirkstoffen werden Versuche durchgeführt.
* Insektenresistenz entwickeln Pflanzen, wenn sie ein fremdes Gen erhalten, das vom Bodenbakterium Bazillus thuringiensis stammt. Die Pflanze wird dadurch in die Lage versetzt, in jeder ihrer Zellen selbst das Gift des Bazillus thuringiensis (Bt-Toxin) zu bilden und damit Fraßinsekten wie Schmetterlingsraupen, Mücken und Käfer zu vergiften. Bisher sind weltweit achtzehn insektenresistente transgene Pflanzen zugelassen worden: drei Bt- Baumwollsorten, zehn Bt-Maissorten, vier Bt-Kartoffelsorten und eine Bt-Tomate (Vogel B., Potthoff Ch. 2003, S.26, Tabelle 33: Freisetzungsversuche 1997-2003 ebnda S.94).
Die Freisetzung von GVO in Ökosysteme und der Verzehr von Nahrungsmitteln aus GVO sind mit erheblichen Risiken verbunden, deren Ausmaß bisher nicht eingeschätzt werden kann. Die spezifische Qualität dieser biologischen Risiken besteht darin, dass GVO leben und sich vermehren können. Darum erfordert die Risikobewertung andere Kriterien als bei toter Materie wie z.B. bei chemischen und strahlenden Stoffen.....
1. Das Risiko von Lebensmittelallergien steigt mit Einführung fremder Gene, die Proteine produzieren. Bisher gibt es keine eindeutigen Tests für neue Allergene und es liegen noch keine Erfahrungen zu den allergenen Wirkungen der gentechnisch erzeugten Lebensmittel vor. Oft entwickeln Allergien sich erst im Laufe von Jahren. Nur durch klinische Studien, in denen Menschen die gentechnisch veränderte Nahrung in Kurzzeit- und Langzeittests zu sich nehmen, könnte eine aussagekräftige Beurteilung der Allergenität stattfinden, vorausgesetzt, alle Parameter der gentechnischen Veränderung wären bekannt.
6. Inzwischen ist belegt, dass Bt-Toxin nicht - wie vorher angenommen - in wenigen Sekunden bis Minuten im Magen abgebaut wird. Es ließ sich im gesamten Darmbereich und im Kot von Schweinen nachweisen (Chowdhury E.H. et.al.), mit bisher unbekannten Folgen.
17. 1998 führte der anerkannte Forscher Arpad Pusztai vom schottischen Rowett Institut eine Studie durch: an junge Ratten verfütterte er Kartoffeln, die gentechnisch mit einem Schneeglöckchengen mit Insektenschutzeigenschaften ausgestattet waren. Die Ratten zeigten Veränderungen der Organgewichte, Wachstumsstörungen und Irritationen des Immunsystems (Pusztai A. Lancet 10/1999).
20. "Pharma-Pflanzen stellen ein neuartiges Risiko dar. Da sie vorwiegend an Nahrungspflanzen wie Mais, Soja oder Kartoffeln entwickelt werden, drohen sie, die Lebensmittel mit pharmazeutisch wirksamen Substanzen zu verunreinigen. Dass sich Gentech-Produkte entlang dem Warenfluss mit anderen Lebensmittelprodukten unkontrolliert vermischen können, zeigte bereits der Star-Link-Skandal. Damals verunreinigte ein allergieverdächtiger und deshalb nur als Futtermittel zugelassener Bt-Mais grossräumig die Lebensmittelkette. Wie realistisch die Kontamination auch bei Pharma- Pflanzen ist, zeigt ein weiterer Fall aus den USA: "Im Jahr 2002 fand die US- Landwirtschaftsbehörde Spuren von Gentech-Mais in einem Silo voller Sojakörner. Eigentlich nichts Ungewöhnliches in einem Land, in dem bereits ein Drittel der Maisernte und drei Viertel der Sojaernte von Gentech-Pflanzen stammen. Doch der Fall entpuppte sich als Skandal. Der Gentech-Mais hätte niemals mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen dürfen. Der Grund: Der Mais produzierte in seinen Zellen einen Impfstoff gegen eine Viruskrankheit bei Schweinen" (http://www.gentechnologie.ch/zeitung/35_kette.htm - kopf).
1. Die durch gentechnische Veränderung hervorgerufenen Eigenschaften können in der Natur - einem offenen System - unbeabsichtigt und unbemerkt auf andere Organismen übertragen werden......
2. Vier Studien zum Auskreuzungspotential von Raps, Mais und Zuckerrüben des Department for Environment, Food and Rural Affairs (DEFRA) kommen zum Ergebnis, dass die Auskreuzungsdistanzen bisher unterschätzt wurden. So wurden Raps-Fangpflanzen selbst in einer Entfernung von 26 km noch mit transgenem Pollen bestäubt. Darüber hinaus tritt Raps über Jahre hinweg als Durchwuchs auf Feldern auf, was zu einer hohen Verunreinigung der Ernte führen kann. Innerhalb von fünf Jahren nach einem Anbau von transgenem Raps kann die Verunreinigung nur dann unter 1% gedrückt werden, wenn sehr rigorose Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden. Auch für Mais wurden im Rahmen der Farm Scale Evaluations deutlich höhere Auskreuzungsdistanzen gemessen. Innerhalb einer 80 m Zone liegt die durchschnittliche Einkreuzungsrate bei 0,298 %. In einem Einzelfall konnte eine Einkreuzung noch in 650 m Entfernung gemessen werden. In einer weiteren Arbeit wird in einer Computersimulation errechnet, dass die Einführung einer herbizidresistenten Zuckerrübe innerhalb von zwanzig Jahren zu einem Aussterben der Feldlerche führen könnte, da durch die Breitbandherbizide speziell die Futterpflanzen dieser Vogelart vernichtet werden. (Gentechnik Nachrichten Extra-Ausgabe Oktober 2003 http://www.defra.gov.uk/news/latest/2003/fseresults.htm).
Das Bemühen, über Kennzeichnungsverordnung und Gentechnikgesetz Grundrechte der Bürger zu schützen, wurde für die USA zum Ärgernis. Im Mai 2003 reichten die USA bei der Welthandelsorganisation (WTO) Klage gegen die Europäische Union ein, weil diese die Aufhebung des Anbaumoratoriums für gv- Pflanzen von strengeren gesetzlichen Regelungen abhängig machte. Die USA sehen die der Transparenz und dem Verbraucherschutz dienende Kennzeichnug von gv-Lebens- und Futtermitteln als Behinderung des Freihandels an und wollen nun über die WTO erreichen, dass die Kennzeichnungspflicht aufgehoben wird. Die WTO, der 146 Staaten angehören, die rund 90 Prozent des gesamten Welthandels betreiben und einen jährlichen Umsatz in Höhe von rund 6 Billionen US-Dollar haben, wurde 1994 gegründet. "Die WTO ist nicht den Vereinten Nationen (UNO) untergeordnet. Die Hauptaufgaben der WTO sind die Durchsetzung und Überwachung ihrer internationalen Handelsabkommen, die Unterstützung unterentwickelter Wirtschaftsräume und der Abbau von Handelshemmnissen...Um zu verhindern, dass der Vertrieb oder Absatz von eingeführten Waren oder Dienstleistungen durch spezielle Regelungen erschwert wird, gilt im Bereich der WTO das Gebot der Nichtdiskriminierung. Es besagt, dass Produkte weder wegen ihrer Herkunft noch ihrer Herstellungsweise ungleich behandelt werden dürfen. Oberstes Ziel der Handelsorganisation ist die vollständige Liberalisierung des Welthandels, d.h. Öffnung der nationalen Märkte für ausländische Investoren. Deshalb fordert die WTO die Abschaffung aller Maßnahmen, die geeignet sind, die heimischen Märkte zu schützen, wie etwa Zölle, Subventionen oder Kontingentierungen."(Kampagne GENug WTO S.3).......
4. Gentechnisch hergestellte Lebensmittel sind sicher, weil sie besonders gut untersucht sind. Diese Behauptung bezieht sich auf die vergleichenden Untersuchungen der Inhaltsstoffe, denn Lebensmittel mit GVO dürfen nur zum Verzehr zugelassen werden, wenn sie zu den vergleichbaren herkömmlichen Lebensmitteln "substantiell äquivalent" sind, das heißt, sie dürfen sich von ihnen in ihren Inhaltsstoffen nicht wesentlich unterscheiden. (Siehe auch "Gesundheitsrisiken") Eine umfangreiche Auswertung des Österreichischen Umweltbundesamtes ergab, dass die von den Biotech-Firmen vorgelegten Unterlagen zur Sicherheit ihrer Gentech-Pflanzen für Mensch und Tier häufig unzureichend, unvollständig und wenig aussagekräftig waren: statt experimenteller Belege wurden Annahmen unterbreitet. Teilweise waren noch nicht einmal die Gentech-Pflanzen selbst getestet worden, sondern isolierte Produkte. Viele der zitierten Untersuchungen sind nicht öffentlich zugänglich. Es gibt kaum entsprechende Publikationen in anerkannten Wissenschaftszeitungen. (Umweltbundesamt Österreich {Hg}: "Toxikologie und Allergologie von GVO-Produkten", Monographien Band 109, Wien 2002)....................
14. Gentechnik ist notwendig für die Hungerbekämpfung Hungerbekämpfung erfordert gerechte Güterverteilung, Hilfe zur Selbsthilfe, ressourcenschonende, nachhaltige Landwirtschaft, aber nicht landwirtschaftliche Konzepte, die die traditionellen Ressourcen verdrängen und extreme Abhängigkeiten von wenigen Saatgutfirmen und dem Weltmarkt schaffen. Agrogentechnik wird für ein Landwirtschaftsmodell entwickelt, das eine großflächige, monokulturelle und gänzlich durchorganisierte Produktion aufweist. Dafür ist der intensive Einsatz von Totalherbiziden und Düngern sowie Wasser nötig. Kleinbäuerliche Betriebe mit dem Schwerpunkt auf der Eigenversorgung werden durch diese Form der industriellen Landwirtschaft verdrängt. Patentrezepte bieten keine Lösungen. Hoffnung auf Ernährungssicherung bieten nur Konzepte, die aus den lokalen und regionalen Gegebenheiten entwickelt werden und auf Nachhaltigkeit angelegt sind.
Durch Firmenzusammenschlüsse von Chemie- und Saatgutunternehmen und Fusionen untereinander befindet sich die Kontrolle des Weltagrarmarktes heute fast ausschließlich in den Händen der sechs größten weltweit agierenden Agrochemiekonzerne: Pioneer DuPont, Dow und Monsanto (USA), Syngenta (Schweiz), Bayer CropScience und BASF (Deutschland). "Sie sind nicht nur die sechs größten Agrochemiekonzerne der Welt, sie gehören auch zu den wichtigsten Playern, wenn es um das Geschäft mit transgenen Pflanzen geht.
Durch Fusionen und Allianzen sowie den Kauf von Saatgutunternehmen und Biotechfirmen bestimmen sie heute weitgehend die Forschung und Entwicklung sowie die Kommerzialisierung von transgenen Pflanzen. Sie besitzen 90% der bisher für den Anbau zugelassenen Pflanzen, halten mehr als die Hälfte aller Patente auf transgene Pflanzen in ihrem Eigentum und führen die Mehrheit der Freisetzungsversuche durch. Zudem versuchen sie vermehrt, Einfluss auf den gesamten Versorgungsweg zu nehmen, indem sie Allianzen mit der Verarbeitungsindustrie und den Getreidehändlern eingehen. Die grossen Agrochemiekonzerne bestimmen das Geschehen und ihre Interessen bestimmen, welche transgenen Pflanzen mit welchen Eigenschaften auf den Markt kommen.....
Konzerne aus den Industrienationen - und nicht Regierungen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Ländern der Dritten Welt - halten etwa 90 Prozent aller Technologie- und Produktpatente der Erde. Viele davon betreffen Pflanzen, die in Ländern der Dritten Welt angebaut werden oder heimisch sind (Lappé F. u. A. S. 199). GVO sind häufig durch Patente als sogenanntes "geistiges Eigentum" des Lizenzinhabers geschützt und geben ihm das Recht, für die Nutzung Lizenzgebühren zu erheben. In den USA und Kanada wird uns seit Jahren vorgemacht, wie die Praxis läuft: gentechnisch verändertes Saatgut ist patentiert. Herbizidtolerantes Saatgut wird mit dem dazu passenden Totalherbizid im Doppelpack verkauft. Der Erwerb ist mit strengen Knebelverträgen und der Zahlung von Lizenzgebühren verbunden. (Die Folgen dieser Situation werden am Beispiel eines kanadischen Bauern im Artikel "David gegen Goliath" beschrieben).................
Aus den Darstellungen der vorigen Kapitel wurde deutlich, dass in der Gentechnik einerseits ein ungeheuer faszinierendes Forschungspotential steckt, das zu einem tieferen Verständnis der belebten Welt einlädt. Andererseits ermöglichen die neuen Erkenntnisse Produktentwicklungen in fast allen Lebensbereichen, deren Anwendungen existentielle Fragen für Gesundheit, Ökologie, Ethik, Ökonomie und soziales Zusammenleben aufwerfen die bisher nicht beantwortet sind. In enger Verquickung von Politik und Wirtschaft wird die Etablierung des Agrogentechnik-Weltmarktes betrieben. Saatgutmonopole werden wirtschaftlich zur Goldgrube und politisch zur Waffe. Durchgesetzt werden diese Interessen mal mit Druck, mal mit Heilsversprechungen, begleitet von einem immensen Aufwand an PR-Aktivitäten.
Mit der expansiven Entwicklung der Molekularbiologie und Biotechnologie erschließt sich ein vor kurzer Zeit noch unerreichbares Wissen und daraus scheinbar unerschöpfliche Kombinationsmöglichkeiten des "genetischen Modellbaukastens" um das, was an der Lebenswelt defizitär erscheint, im Labor neu zu erfinden oder zu "verbessern" und fast alle Bereiche der belebten Welt mit dieser Technologie zu durchdringen. Die ehrwürdigen Lebenswissenschaften Biologie und Medizin geraten dabei in Gefahr, sich zunehmend zur Spielwiese des "Life design" zu entwickeln. Neben einer genetischen Fehlerfahndung ungeheuren Ausmaßes findet ein euphorischer genetischer Reparatur - und Verbesserungsversuch an Pflanzen, Tieren und Menschen statt. Der "Zauberlehrling" Mensch hat viel gelernt. Was ihm fehlt, ist die Kunst der Selbstbegrenzung da, wo er die Folgen seines Tuns nicht einschätzen und Fehlentwicklungen nicht wieder gut machen kann.
Eine der wesentlichen Aufgaben unserer Zeit ist es, Lebensformen zu entwickeln, die unsere Lebensgrundlagen nicht vernichten, sondern unser altes und unser neues Wissen in Verantwortung für Mensch und Natur nutzen. Deshalb ist es so wichtig, den Schatz der gentechnikfreien Landwirtschaft zu bewahren. Lebensmittel, deren Erzeugung konsequent artgerechte Tierhaltung und schonende Urproduktion voraussetzen, sind die Ressource, die wir noch haben und als Heilmittel einsetzen können zur Vorbeugung und zur Heilung ernährungsbedingter und schadstoffverursachter Krankheiten.....
Monsanto gegen Bauern
US-Studie zeigt, wie Monsanto mit Patenten auf Nutzpflanzen Bauern unter Druck setzt. Von Mute Schimpf
Der Bericht "Monsanto gegen Bauern" hat in den USA nach seinem Erscheinen im Januar 2005 für Aufsehen und Diskussion gesorgt. Das Zentrum für Nahrungsmittelsicherheit (CFS) untersucht, in welchem Ausmaß US-amerikanische Bauern unter Rechtsstreitigkeiten leiden, die durch die Nutzung patentierter gentechnischer Pflanzen ausgelöst wurden.
Wie begründet die Sorge ist, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen Bauern und Gentechnikkonzernen durch den Einsatz der patentgeschützten Agro-Gentechnik verschiebt, belegt der Bericht in bedrückender Klarheit. In den USA wird seit über neun Jahren großflächig gentechnisch verändertes Soja-, Raps-, Mais- und Baumwollsaatgut ausgebracht. Die juristischen und finanziellen Folgen für die Bauern sind erschreckend:.....
Gentechnik und Bienen
Von Utto Baumgartner
In Deutschland halten etwa 90.000 Imker insgesamt ca. eine Million Bienenvölker. Der volkswirtschaftliche Wert der Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen, den die Bienen erbringen, ist unverzichtbar und beträgt ein Vielfaches der Honigproduktion. Honig genießt den Ruf eines besonders hochwertigen, reinen Naturprodukts und wird nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch als Stärkungs- und Heilmittel verwendet. Das Auftreten von gentechnischen Veränderungen im Honig wird vom Honigkunden abgelehnt und wird zu einem drastischen Absatzrückgang führen. Die ohnehin seit Jahren rückläufige Bienenhaltung wird dadurch noch weiter zurückgehen und eine flächendeckende Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen wird nicht mehr gewährleistet sein.........
Gentechnikgesetz schützt gentechnikfrei wirtschaftende Bauern
von Heike Moldenhauer, BUND
Das deutsche Gentechnikgesetz regelt den Umgang mit gentechnisch veränderten
Organismen (GVO). Es setzt die EU-Freisetzungsrichtlinie in nationales Recht
um. Am 18. Juni 2004 hat der Bundestag den Teil des Gesetzes verabschiedet,
der keiner Zustimmung des Bundesrates bedarf. Am 26. November ist das Gesetz
im Bundestag mit Kanzlermehrheit bestätigt worden, nachdem der Bundesrat
dagegen votiert hatte. Es tritt voraussichtlich am 1. 1. 2005 in Kraft, hat
jedoch noch zwei Hürden zu überwinden: Es bedarf der Notifizierung durch die
EU-Kommission, die zuvor in einigen Punkten Bedenken angemeldet hatte. Und es
muss nochmals gegen die Bestrebungen des Unions-FDP-dominierten Bundesrates
verteidigt werden, das Gesetz wieder zu verwässern......
Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Bäuerliche Landwirtschaft - ob konventionell oder ökologisch - hat schon
immer ihren Beitrag zur Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung von
Hofwesen, Landschaftspflege, Dorfgemeinschaft, Esskultur und ländlichem
Brauchtum geleistet. Sie ist auch heute nicht überholt, verlangt jedoch nach
Weiterentwicklung und nach neuen sozialen Strukturen sowie neuen
demokratischen Wirtschaftsstrukturen. Die Verantwortung der Menschen muss
dabei in den Mittelpunkt gerückt werden und nicht die Abhängigkeit von
Monopolen. Die bäuerliche Landwirtschaft muss eigenständig bleiben und darf
nicht verkommen zum Handlanger von Technologien, in deren Folge der Mensch
und die Schöpfung möglicherweise auf der Strecke bleiben.
Petition umweltmedizinischer Verbände
............Die umweltmedizinischen Verbände Deutschlands.... lehnen auf Grund ihrer ärztlichen Verantwortung, die insbesondere vorsorgende Aspekte zu bedenken hat, mit allem Nachdruck die Einführung der Gentechnologie in Ernährung und Landwirtschaft ab, weil die Folgen zum derzeitigen Zeitpunkt als unkalkulierbar, unkontrollierbar und unwiderruflich angesehen werden müssen. Demgegenüber ist ein Nutzen für die menschliche Gesundheit nicht zu erkennen. Es gibt keine zwingende Notwendigkeit, die zukünftige Ernährung der Menschen auf einer Risikotechnologie aufzubauen, bei deren Langzeitanwendung unberechenbare Folgen für die Gesundheit von Menschen und Tieren und nicht absehbare Auswirkungen auf Ökosysteme nicht auszuschließen sind...............